Heute wichtiger denn je
«Albert Schweitzer wäre heute wichtiger denn je.» Davon ist Emmy Füllemann überzeugt. Die Wirtin in der «Biene» in Maltbach wird im August 95 Jahre alt. Sie denkt oft an Albert Schweitzer, der 1965 im Alter von 90 Jahren verstorben ist. «Albert Schweitzer war überzeugt, dass auch die Blumen leben und dass man ihnen weh tut, wenn man sie ausreisst.» Emmy Füllemann hat Albert Schweitzer persönlich gekannt. Sie war von 1957 bis 1960 Köchin im Urwaldspital in Lambarene, das Schweitzer 1913 gegründet hatte. Der gebürtige Elsässer war Arzt, evangelischer Theologe, Organist, Musikwissenschafter und Pazifist. Er veröffentlichte philosophische und theologische Schriften sowie Arbeiten zur Musik, vor allem zu Bach, dessen Orgelwerk er einspielte. 1954 konnte er den Friedensnobelpreis entgegennehmen.
Mitleid, keine Sentimentalität
Schweitzers radikalste Forderung ist die Ehrfurcht vor allem Leben. «Mitleid mit Tieren ist trotz ihrer angeblichen Seelenlosigkeit keine Sentimentalität. Denn alles notwendige Töten ist ein Grund für Trauer und Schuld, der man nicht entkommen, die man nur verringern kann.» Zu dieser Überzeugung war Schweitzer, der spätere Vegetarier, schon früh gelangt, wie er im Büchlein «Aus meiner Kindheit und Jugendzeit» schreibt. Er verscheuchte die Vögel, auf die sein Freund mit der Steinschleuder zielte, und nahm dafür Hohn und Spott in Kauf. «Wir alle müssen darauf vorbereitet sein, dass das Leben uns den Glauben an das Gute und Wahre und die Begeisterung dafür nehmen will. Aber wir brauchen sie ihm nicht preiszugeben. Dass die Ideale, wenn sie sich mit der Wirklichkeit auseinandersetzen, gewöhnlich von den Tatsachen erdrückt werden, bedeutet nicht, dass sie von vornherein vor den Tatsachen zu kapitulieren haben.»
In seiner Ethik setzte Schweitzer auf die Vernunft der Menschen. Er war überzeugt, dass ein Mensch in dem Anderen seinen Bruder oder seine Schwester erkennen könne. «Überall wo Du Leben siehst: Das bist Du.» Nach Schweitzers Tod hiess es, er sei ein Meister der Selbstinszenierung gewesen und habe einen kolonialen Führungsstil gepflegt. Vorwürfe, die wohl vor Schweitzers Lebensleistung verblassen. «Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selber zu beherrschen.» Dieser Ausspruch Schweitzers passt doch ganz gut in unsere Zeit, oder?
(Esther Simon)
In Kürze
Fünf nach zwölf?
Ist es schon zu spät, das Klima zu retten? Um diese Frage wird sich der Laiensonntag vom 8. November 2020 drehen. «Der wunderbaren Schöpfung stehen Ressourcenausbeutung und Verschmutzung gegenüber», sagt Cathrin Legler vom Vorbereitungsteam. Gerade die Coronakrise zeige, dass es auch mit weniger Konsum gehen könnte. «Und, dass wir gemeinsam viel erreichen, wenn wir es wirklich wollen.»
Klimagespräche
Einen Lebensstil im Einklang mit dem Klima entwickeln: Darum geht es bei den Klimagesprächen, die von den christlichen Hilfswerken «Brot für alle» und «Fastenopfer » in der Schweiz lanciert wurden. Die Teilnehmenden analysieren Gewohnheiten in Bezug aufs Klima und erarbeiten ganz konkrete individuelle Lösungen. Im Herbst sollen im Raum St. Gallen zwei weitere Klimagespräche stattfinden. «Hoffentlich mit Thurgauer Beteiligung», sagt Leiterin Silja Marano. Mehr Infos: sehen-und-handeln.ch/klimagespraeche
Blumen-Pralinés
Beno Kehl war früher Franziskaner-Mönch auf dem Inseli Werd. Heute setzt sich der Thurgauer auf kreative Art und Weise unter anderem für die Biodiversität ein: Mit der Aktion «Garten Eden komm(T)» will er andere motivieren, Permakulturen – also möglichst natürliche Ökosysteme – im Garten zu fördern. Seine eigenen Erfahrungen teilt er auf seiner Webseite, auf der man auch ein Rezept für sogenannte Blumen-Pralinés findet. Jetzt wäre übrigens der ideale Zeitpunkt, sie auszusäen. Mehr Infos: kahnukehl.ofm.li/flower
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