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Sigrist aus Berufung

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29.03.2022
Markus Bissig ist Sigrist in Ennenda. Wie Weihnachtstraditionen und Osterrituale zusammenhängen, hat er Pfarrerin Dagmar Doll erzählt.

Von Pfarrerin Dagmar Doll

Was passiert eigentlich mit einem Christbaum, wenn Weihnachten vorbei ist? Nun wir ahnen es, kaum sind die Feiertage um, stehen die einstmals prächtig geschmückten Bäume trostlos am Strassenrand und nadeln vor sich hin. 

Nicht so in der reformierten Kirchgemeinde Ennenda. Hier nimmt sich Sigrist Markus Bissig der Bäume an und führt sie einer weitaus ehrenvolleren Funktion zu, als sie der Müllabfuhr zu übergeben. Er lagert sie für drei Jahre im Kirchturm in Ennenda ein. Dann sägt er sie in exakt 33 cm grosse Holzscheiben, die er später spaltet. Die Zahl 33 soll an das Alter Jesu bei seinem Tod am Kreuz erinnern und damit schliesst sich der Kreis von Geburt und Tod Jesu, Weihnachten und Karfreitag. 

Am Ostermorgen ist es wieder Sigrist Markus Bissig, der aus den Scheiten das Holz für das Osterfeuer aufschichtet. Das ist für ihn nicht einfach ein Sigristenjob, sondern auch eine spirituelle Einstimmung auf das Ostergeschehen. «Mir ist sehr bewusst, was ich da mache!», so Bissig. Am Ostermorgen wird das Licht von der Kirche mit hinausgenommen. Hier findet dann ein Salbungsgottesdienst statt, den Pfarrerin Iris Lustenberger gestaltet. Auf ihr Zeichen hin entzündet Markus Bissig das Osterfeuer, an dem alle ihre Kerze entzünden. Der Kreislauf von Geburt, Tod und Auferstehung schliesst sich. 

Markus Bissig ist gerne Sigrist, auch wenn es Zufall war, dass er die Stelle angeboten bekam. Er findet aber, dass das eine der besten Entscheidungen seines Lebens war. Kirche war ihm immer schon wichtig. Jeden Sonntag war er als Kind und Jugendlicher in Mitlödi im Gottesdienst. Deswegen ist der Beruf des Sigrist neben seiner eigentlichen Profession als Gitarrenbauer auch eher eine Berufung, die Dinge vereint, die nicht im Pflichtenheft stehen. «Ich bin Christ!», sagt er und deswegen fühlt er sich am rechten Platz in der Kirche in Ennenda. 

Auch für Neues ist er neben seinen eigentlichen Tätigkeiten stets offen. So blieb nach Weihnachten nicht nur die Frage, was mit dem Christbaum geschehen solle, sondern auch mit den Äpfeln, die den Baum schmückten. Kurzerhand lagerte er sie ein und kochte zusammen mit seiner Mitsigristin 27 Gläser Apfelmus ein, die nun für einen guten Zweck verkauft werden. 

Wer das besondere Osterritual am Ostermorgen erleben möchte, ist herzlich eingeladen zur Osterfrühfeier am 17. April um 6 Uhr morgens in und bei der reformierten Kirche Ennenda.