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69-Jährige im neuen Look

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24.03.2023
Das «Wort zum Sonntag» gehört zu den ältesten Sendungen von SRF. Jetzt wurde ihr Auftritt optisch überarbeitet. Über die alte Sendung in neuem Glanz.

Das «Wort zum Sonntag» gehört neben der Tagesschau zu den ältesten Sendungen des Schweizer Fernsehens. Lange Zeit als Pinkelpause im Samstagabend-Programm belächelt, erreicht die dreieinhalb Minuten dauernde Sendung ein breites Publikum. Rund 300‘000 Zuschauerinnen und Zuschauer sind es im Durchschnitt. Not lehrt auch bei SRF beten. Im Corona-Jahr 2020 stieg die Quote auf 379‘000 Zuschauende.

Ab April präsentiert sich das «Wort zum Sonntag» mit einem neuen Intro. Statt mit der Berner Heiliggeistkirche beginnt die Sendung mit Aufnahmen von Strassenszenen. Für den SRF-Verantwortlichen Norbert Bischofberger macht das Sinn: «Wie einst der Apostel Paulus auf dem Marktplatz predigte, so geht auch das Wort zum Sonntag unter die Leute.» Die Fussgängerzone und die leicht an die Antike erinnernden Gebäude zeigten, dass hier der Diskurs mit der Gesellschaft stattfindet.

Automatisierte Kameraführung
Auch technisch gibt es einige Neuerungen. Gedreht wird im Tagesschau-Studio, die Kameraführung ist automatisiert. Die Sprecherinnen und Sprecher müssen ihren Beitrag auswendig können, es gibt keinen Teleprompter.

Das aktuelle Team besteht aus zwei Frauen und drei Männern. Von reformierter Seite sind dies die Berner Pfarrerin Lea Wenger-Scherler und der Burgdorfer Pfarrer Manuel Dubach, von römisch-katholischer Ines Schaberger von der Seelsorgeeinheit Gossau und Ruedi Heim, Pfarrer in Bern Bümplitz. Und als Christkatholik der Aargauer Pfarrer Lenz Kirchhofer. Die Sprecherinnen und Sprecher werden in einem Casting ausgewählt und während drei Tagen ausgebildet.

Die Pfarrpersonen sprechen Klartext
Bischofberger ist von dem jungen Team überzeugt, es mache seine Sache gut und profiliert. Als Lea Wenger predigte, dass der Regenbogen ein Zeichen des Bundes von Gott mit Menschen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder sexueller Orientierung sei, gab es viel Zustimmung und empörte Zuschriften, hier werde die Bibel missbraucht. Auch sonst sprechen die Sprecherinnen und Sprecher Klartext: zum schwelenden Antisemitismus etwa oder zu sexuellen Übergriffen in der katholischen Kirche.

Wortbeitrag mit grosser Wirkung
Im Juni 1954 wurde die erste Sendung ausgestrahlt. Sie versteht sich als «Kommentar aus christlicher Sicht zu religiösen, geistigen und ethischen Fragen». Ein Wortbeitrag mit grosser Wirkung, beschreibt Norbert Bischofberger das Konzept. Er legt Wert darauf, dass die Sendung aktuell und aufbauend ist und die Zuschauenden nicht belehrt.

Früher haben die Beiträge von Ernst Sieber und anderen Geistlichen provoziert und heftige Reaktionen ausgelöst. Heute geht es gemächlicher zu. Fehlen dem «Wort zum Sonntag» die kantigen Typen? Darf etwa eine tätowierte Pfarrerin am Bildschirm sprechen? Für Bischofberger kein Problem: «Fernsehen lebt von Charakteren, da würden wir nicht nein sagen.» Sie seien ständig auf der Suche nach kameratauglichen Persönlichkeiten. Gerne hätten sie jüngere Mönche oder Nonnen als Sprecher gehabt, doch die Klöster lehnten ab.

Keine sperrige Kirchensprache
Und wie ist es für Bischofberger, der die Predigten auf dreieinhalb Minuten komprimiert, wenn er einen Sonntagsgottesdienst besucht? «Manchmal schlafen mir bei dem Tempo die Füsse ein», scherzt er. Vor allem die «Kirchensprache» schrecke ihn ab, sie sei sperrig, phrasenhaft und unzugänglich. «Die Bibel ist doch voll von spannenden Geschichten und Erzählungen. Warum gelingt es nicht, sie einfach und verständlich weiterzugeben? Auch Jesus hat so gesprochen, dass ihn die Menschen verstanden und angenommen haben.»

Tilmann Zuber, kirchenbote-online

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