News aus dem Kanton St. Gallen

«Wir müssen am Ball bleiben»

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28.12.2020
Reto Dubach, Präsident des Schaffhauser Kirchgemeindeverbandes, über die Rolle des Verbandes im neuen Jahr und seine Hoffnung für die Kirche.

Welche Vorteile bringt das Verbandsmodell für Kirchgemeinden?
Der Verband übernimmt zentraleAufgaben in den Bereichen Verwaltung,Finanzen, Immobilien und Personal.Dadurch können sich die Gemeindenentlasten und Synergiennutzen. Die vier VerbandskirchgemeindenBuchthalen, St.Johann-Münster, Steig und Zwingli bleibendabei eigenständig; sie gestalten jadas kirchliche Leben in den Quartieren.

Birgt das auch Konfliktpotenzial?
Es kann sein, dass die Rollen der verschiedenen Akteure Fragen aufwerfen, und manchmal erfordert der Mix aus Autonomie und Zentralisierung Fingerspitzengefühl. Das Verbandsmodell bietet aber auch viele Chancen. Im Idealfall erledigt man zentral, was nötig ist, und führt dezentral weiter, was möglich ist.

Welche Herausforderungen bringt das neue Jahr?
Aus meiner Sicht stellen der Mitgliederschwundund die bevorstehendenpersonellen Wechsel die grösstenHerausforderungen dar. Unsere vierVerbandsgemeinden verlieren imDurchschnitt jährlich zwei Prozentihrer Mitglieder, was in etwa demTrend in der Schweiz entspricht.Wenn das so bleibt, werden wir inzehn Jahren einen Fünftel wenigerMitglieder haben. Das bedeutet imJahr 2030 Steuereinbussen von 0,5 bis0,7 Million Franken. Bei einem Finanzhaushaltvon gegenwärtig 4,3Millionen Franken wird das zwangsläufigFolgen haben. Zudem erreichenin den nächsten sieben Jahren neununserer zehn Pfarrpersonen das Pensionsalter.Sie prägen das kirchlicheLeben in der Stadt Schaffhausendurch ihre Persönlichkeit. Wir müssensie durch ausgewiesene Nachfolgerinnenund Nachfolger ersetzenkönnen, die als starke Teamplayer mitden Kirchgemeinden, der Sozialdiakonieund den weiteren Mitarbeitendenzusammenarbeiten.

Verändert sich die Rolle des Stadtverbandes?
In der Vergangenheit hat der Verbandseine Aufgaben sehr zurückhaltendwahrgenommen. Doch die aktuellenHerausforderungen bedingenmehr Koordination im kirchlichenAngebot. Wir möchten den Austauschzwischen den Kirchgemeinden fördern,indem wir deren Angebote überdie Gemeindegrenzen noch besseraufeinander abstimmen, gezielt ergänzenund zum Teil gemeinsam bewerben.Für unsere Mitglieder solltees selbstverständlicher werden, ineine andere Kirchgemeinde zu gehen,wenn dort eine attraktive Veranstaltungstattfindet.

Ist der Mitgliederschwund überhaupt zu bremsen?
Wir müssen am Ball bleiben undzum Beispiel mehr Angebote für jüngereund mittlere Generationen schaffen.Die Kirche muss für sie ein guterAnsprechpartner sein, ein Ort, andem sie ihre Sorgen teilen können undernst genommen werden. Eine Anpassungdes Angebots kann helfen, denMitgliederschwund zu bremsen.

Wie wahrscheinlich sind Strukturveränderungen?
Der Verband forciert sie nicht,weil unser Modell erlaubt, dass eingrosser Teil des kirchlichen Lebensweiterhin autonom durch die Kirchgemeindengestaltet werden kann.Wir würden es dagegen begrüssen,wenn sich uns weitere Kirchgemeinden,die an das Verbandsgebiet grenzen,anschliessen würden. Als grössereOrganisation könnten wir nochmehr Synergien erzielen. Ich will abernicht verschweigen, dass es auchStimmen gibt, die dafür plädieren, dievier Stadtkirchgemeinden zu einerKirchgemeinde zusammenzuführen.Verschiedene Schweizer Städte habendiesen Prozess in den letzten Jahrendurchlaufen. In Zürich gibt es zumBeispiel nur noch eine Stadtkirchgemeinde.Die Stadt Winterthur hat sichvor Kurzem dafür entschieden, dasVerbandsmodell auszubauen.

Was ist die Rolle des Verbandes in diesem Findungsprozess?

Es gehört zur Rolle des Verbandes, immer wieder zu prüfen, ob unsere Organisation und das kirchliche Leben in den Verbandsgemeinden mittel- und langfristig sichergestellt sind. Wenn sich eine ungünstige Entwicklung abzeichnet, hat der Vorstand die Aufgabe, die Situation aufzuzeigen sowie Varianten und Lösungsvorschläge zur Diskussion zu stellen.

Warum engagieren Sie sich für die Kirche?
Die Kirche steht für die elementarenRechte und Werte der Menschenein und bildet durch ihr soziales Engagementeine tragende Rolle in derGesellschaft.

Worauf hoffen Sie im nächsten Jahr?
Ich freue mich auf wieder mehrKontakte, tolle kirchliche Anlässeund Veranstaltungen – und dass vieleMenschen daran teilnehmen.

Interview: Adriana Di Cesare

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