News aus dem Kanton St. Gallen

Die Bibel besser verstehen

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25.01.2022
In der Hebräischen Bibel stehen viele Ausdrücke, die sich nur schwer ins Deutsche übertragen lassen. Denn die Sprache hat eine ganz andere Struktur. Das führt auch zu Missverständnissen.

In der Hebräischen Bibel steht das Nomen für «Glaube» nur zwei Mal – eigentlich heisst das Wort eher Vertrauen und kommt fast durchgehend als Verb vor. Ein Glaubensbekenntnis in unserem Sinne fehlt, denn es geht um das Vertrauen, die Beziehung zu Gott. Auch das Gewissen wird vergeblich gesucht. Das Herz ist hier der Sitz des Verstandes und die Nieren stehen für die Gefühle. Sie haben eine Beziehung zu dem, was wir Gewissen nennen.

Dann gibt es auch massive Fehlübersetzungen, wie das berühmte «Auge um Auge», das richtig von Martin Buber und Franz Rosenzweig mit: «…gib Lebensersatz für Leben, Augersatz für Auge, …» übersetzt wurde. Die Strafe des Täters oder der Täterin besteht immer aus finanziellen Entschädigungen für den zugefügten Schaden, wie die Praxis zeigt. Doch viele Christinnen und Christen glauben wegen der Fehlübersetzung, es gehe um Körperverletzung als Strafe und unterstellen Menschen jüdischen Glaubens bis heute eine gnadenlose Rachekultur.

Zugang ist anders
Hebräisch unterscheidet sich massgeblich von anderen Sprachen. Es ist ein völlig anderer Zugang zu den Menschen und der Welt, der sich in der Sprache wiederfindet. Die Worte werden mit einer Wurzel aus drei Konsonanten gebildet. Dazu kann ein Verb bis zu sieben Formen haben mit unterschiedlicher Bedeutung. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs! Dadurch hat das Hebräische einen relativ kleinen Wortschatz mit vielen Wurzeln. Eine Wurzel steht dann für unterschiedliche Bedeutungen. «Mishpat» heisst etwa Gerichtsort, Gerichtsverhandlung, Gerichtsurteil, Urteil, Strafe, Verbrechen, Verpflichtung, Amt, Rechtschaffenheit.

Kurs bietet Hand
Ein Kurs will diesbezüglich weiterhelfen. Dabei wird der Bedeutung hebräischer Begriffe nachgegangen, die sich nicht immer in der Übersetzung wiederfindet. So sollen Missverständnisse aufgeklärt, aber auch die Tiefe und die vielen Bedeutungen und Farben sichtbar werden, die in der Hebräischen Bibel – der Bibel Jesu – zu entdecken sind.

Kurs zu hebräischen Ausdrücken und (Fehl-)Übersetzungen: 15.02., 01.03., 15.03., 14 bis 16 Uhr, 26.03., 11 bis 14 Uhr, Gemeinderaum der Evangelischen Kirche Ermatingen. Keine Grundkenntnisse nötig. Anmeldung und Infos: carolin.schmid@ ev-ermatingen.ch

 

(Christiane Faschon)

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