News aus dem Kanton St. Gallen

Ein Bubentraum wird wahr

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14.11.2018
«Nein, weil die Eingeborenen von Borneo an den Heiland glauben, sind sie keine Kopfjäger mehr, sie sind jetzt Christen. Aber sie leben immer noch in Langhäusern auf Pfählen»

Mit diesen Worten beruhigte mich – Pierre Fretz  meine Gotte vor über fünfzig Jahren. Sie lud damals unsere Familie ins Missionshaus in Basel ein. Dort bereitete sie sich auf ihre Ausreise auf die andere Seite der Welt vor. 

Im Meyers Kinder-Weltatlas wurden damals jedoch die dortigen Menschen noch wie oben dargestellt. Und dass sie Affen jagen mit Blasrohren und Giftpfeilen. Ich war stolz darauf, eine solche Gotte zu haben und träumte davon, auch einmal in diese faszinierend fremde Welt eintauchen zu können.

Während damals in der neu aufkommenden Fernsehwerbung „Claire“ bekümmerte Hausfrauen die geplagten Finger im Abwaschmittel „Palmolive“ gesund baden liessen, hatten Mitte des letzten Jahrhunderts die Rungus und weitere Urwaldvölker ganz andere Probleme. 

Im Fünfminutentakt wurden ihre abgeholzten Urwaldriesen auch zu uns transportiert und in den neu angelegten Palmöl-Plantagen konnten sie nicht mehr als Urwald-Nomaden leben. Ins Hinterland abgedrängt, drohten ihnen Mangelernährung, Hunger und Verelendung. 

Fünf ihrer Häuptlinge waren um die Zukunft ihrer Jugend so besorgt, dass sie schlussendlich die damalige Basler Mission um Unterstützung baten.

So lebte dann meine Gotte während gut sieben Jahren unter ihnen und führte alleine als Krankenschwester und Hebamme die «Poliklinik» im tropischen Dandun; so ziemlich in der Mitte eines Stammesgebietes etwa so gross wie das Dreieck Bern-Basel-Zürich. Nur erreichbar mit einer etwa zweistündigen Bootsfahrt auf einem Urwaldfluss von der Küste ins Landesinnere.

Der Missionar Jörg Ritz leitete dort und in den vielen umliegenden neu entstandenen einfachen Kirchlein Gottesdienste, Schulungen und klärte in Hunderten von Gesprächen Fragen des neuen Alltags; befreit von der früher allgegenwärtigen Angst vor Geistern und entsprechenden (nicht nur schlechten...) «Tabus». 

Im islamisch selbstbewusst werdenden Malaysia war es dann jedoch eine Frage der Zeit, dass die Arbeit dieser «Ungläubigen» nicht mehr weiter bewilligt wurde. Da der Heilige Geist jedoch weht wie er will, sind diese neu entstandenen Gemeinden nicht untergegangen wie befürchtet.

Im Gegenteil: Es ist für unsere hiesigen Gemeinden beschämend, wie dort im Gegensatz zu uns, diese Gemeinden mehr und mehr an Breite und Tiefe wachsen! 

Aus dem träumenden Buben vor fünfzig Jahren ist mittlerweile ein Kirchenpfleger unter anderem mit dem Ressort Weltweite Kirche geworden. Entsprechend interessiert, hatten meine Frau und ich nun das Vorrecht, in diesen Tagen den seinerzeitigen Wirkungsort meiner Gotte über die erst vor zwei Monaten fertiggestellte Strasse aufsuchen zu dürfen! 

Von ihrem «Wohnhaus» war, weil abgebrannt, nur noch das Fundament zu sehen. Die ehemalige Klinik und das Missionarshaus sind jedoch immer noch bewohnt und in der mittlerweile neu und grösser gebauten Kirche übte bei unserem nicht angekündeten Besuch «zufällig» der Kirchenchor die Lobpreislieder für den kommenden Gottesdienst!

Meine Frau und ich träumen immer noch. Mittlerweile davon, einmal in den kommenden Jahren unseren Kindern und Grosskindern zeigen zu dürfen, was aus dem damals ausgestreuten Samenkorn alles entstanden ist!

Und bis dann pflegen wir die nun neu entstandenen Beziehungen per Mail und Whatsapp...

 

(14. November, Pierre Fretz, Kirchgemeinde Diegten-Eptingen BL)

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