News aus dem Kanton St. Gallen

«Ohne Humor geht es nicht»

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24.02.2016
Gerichtspräsidentin Regula Widrig Sax muss von Amtes wegen nach der Wahrheit forschen. Sie machts mit Verstand und mit Herz.

Wer je im Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland bei Regula Widrig Sax einer Verhandlung beiwohnen durfte, hat erlebt: Die 52-jährige Juristin ist eine Vollblut-Richterin mit Herz, Sachverstand und, wenn es sein muss, mit dem nötigen Humor. Unvergessen bleibt die Privatklage zweier überaus erregter Frauen. Die hatten sich wie Furien bereits beim Betreten des Gerichts derart beschimpft, dass es mit dem Begriff «hitzig» nur notdürftig beschrieben ist. Denn es sollte die eine der anderen den Mann ausgespannt und die andere die eine daraufhin beleidigt haben. Es ging um 200 Franken Genugtuung. 

Als die beiden nach erschöpfenden Tiraden kurz Luft holen mussten, packte Widrig die Chance beim Schopf. «Ich habe das Gefühl,
Ihnen würde ohne den Streit etwas fehlen», befand sie mit trockenem Humor. Das war der Durchbruch. In Engelszugen, wenn auch notwendigerweise in lauten, zielte sie alsbald auf eine Abschreibung der Anklage hin, was glücklich gelang. Dann verabschiedete sie die Damen im Fünf-Minuten-Sicherheitsabstand in den Feierabend. 

«Wir erwarten sie am Montag»

Vielleicht ist einem der Sinn für Gerechtigkeit und pragmatische Lösungen in die Wiege gelegt, wenn man als Tochter eines bischöflichen Kanzlers zur Welt kommt. Doch als sich die Sarganserländerin nach der Matura entschloss, in Bern Jus zu studieren, hatte sie noch keine Berufsvorstellung. «Mich hat die Breite des Studiums angezogen und die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten». Sie reussierte im ersten Anlauf und hatte sich schon vor dem Examen mutig beim Melser Kreisgericht beworben. «Es hat sich aber zunächst keiner bei mir gemeldet», erinnert sie sich. Nach der bestandenen Prüfung fragte sie nach. «Wir erwarten sie am Montag», hiess es. 

Wahrheit suchen

Sie handelte noch eine Ferienwoche aus und ist seitdem hier tätig. Bald amtierte sie als Gerichtsschreiberin, 1995 wurde sie auf die dritte Gerichtspräsidentenstelle gewählt. Seit drei Jahren steht sie dem Kreisgericht mit seinen weiteren sechs Richtern vor. Ihr Schwerpunkt liegt derweil nicht mehr im Strafrecht. Nebst dem Administrativen ist sie nun im Zivilrecht tätig. Das heisst, sie ist Spezialistin im Familien-, Erb- und Sachenrecht sowie im Miet- und Arbeitsrecht. Das sind Felder genug, um nicht nur die Wahrheit zu suchen, sondern auch Kompromisse zu fördern, Lösungen und Formen des gegenseitigen Verstehens. Ein Traumjob, wenn auch mit viel Zeitdruck.

«Gemütliche Momente»

In ihrer Werdenberger Wohngemeinde engagiert sich Widrig seit 2009 als Schulrätin, in damals nicht ganz einfacher Ausgangslage, wie Ortskundige wissen. Doch helfen ihr auch hier ihr Witz und die direkte Art, Dinge anzusprechen und vor allem anzugehen, vor denen andere schnell einmal zurückschrecken. «Ohne Humor verträgt es das nicht», hält sie mit entwaffnendem Lachen fest. 

Wenn alles nur schwer sei, werde es halt auch nicht leichter, meint sie. Punkt. Und schon lacht sie wieder. «Man muss die Menschen mögen», hält sie fest. In freien Stunden nimmt sie sich Zeit für ihre Familie, Mann und drei Kinder. «Morgen machen wir einen Familienausflug zum Coiffeur», scherzt sie. Gerne geht sie auch mal mit dem Hund spazieren, liest in einem guten Buch und schätzt, was es oft nur zu selten gibt: «gemütliche Momente». Sie lacht. Und schon ist sie spürbar, die Entspannung des Moments.

Text und Foto: Reinhold Meier, Wangs    – Kirchenbote SG, März 2016

 

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