Wegzeichen von Bettina Kindschi
Der Apostel Paulus schreibt diesen Vers an eine Gemeinde, die alles andere als «eins» ist. Denn in Korinth gibt es viele Streitpunkte und es haben sich Gruppen gebildet, die für sich in Anspruch nehmen, dass nur ihre Position die einzig richtige ist.
Paulus hat diese Gemeinde gegründet (1 Kor 3,6) und so ist ihm wichtig, dass sie wieder zu Einigkeit findet. Er argumentiert mit einem Bild, das in der Antike geläufig war. Christus als Körper und die Glaubenden als einzelne Glieder. Der Körper braucht alle Körperteile und es würde nicht funktionieren, wenn er nur aus Augen oder Füssen bestehen würde.
Mir gefällt an diesem Bild die Lebendigkeit, denn ein Körper ist nicht starr oder theoretisch, sondern lebendig. Es ist ein einfaches Bild, das auch in unserer heutigen Zeit sprechen kann. Der Körper als Bild für die Einheit in Christus gilt auch für uns Glaubende heute. Wir alle sind verbunden durch den einen heiligen Geist. Wir gehören zusammen, auch wenn jedes von uns ganz unterschiedliche Interessen, Meinungen und Stärken hat.
Das Bild des Körpers nimmt unsere Verschiedenheit auf und zeigt, wie sehr wir einander brauchen. Denn niemand von uns ist in allen Dingen gleich gut. Es wäre komisch, wenn das Auge plötzlich hören wollte und die Hand riechen möchte.
Wie jedes Bild hat auch dieses seine Grenzen, doch es verdeutlicht anschaulich, dass wir Christinnen und Christen keine perfektionistischen Einzelkämpfer sein müssen, sondern im Miteinander stark sind. Es müssen nicht alle gleicher Meinung sein. Paulus predigt keinen «Einheitsbrei mit christlichem Anstrich», sondern er spricht von der Einheit in der Vielfalt.
Das ist kein Widerspruch, vielmehr eine Herausforderung und eine Aufgabe für alle. Denn das Bild vom Körper und seinen verschiedenen Teilen kann uns zum einen den Wert aufzeigen, den jede und jeder von uns für die Gemeinschaft hat. Zum anderen kann es uns demütig werden lassen, dass wir alle Teil eines grösseren Ganzen sind. Es wird nicht ein Körperteil zum «Chef» über andere – wie im Lied des Musikers «Bligg».
Unser «Chef» ist Christus und dieser führt uns in die Einheit. Ein Patentrezept für den Alltag bekommen wir vom Apostel nicht auf den Weg, aber den Denkanstoss, dass in unserer Gemeinschaft unter unseren Kirchendächern verschiedene Meinungen Platz haben dürfen. So hoffe ich, dass wir dieses Bild mit in den nebligen November nehmen. Dass wir füreinander da sind, jede und jeder mit seinen Begabungen und Talenten.
Dass wir aufeinander achtgeben und einander respektieren mit unseren unterschiedlichen Interessen und Stärken. Oder wie Paulus schreibt: «Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit ihm.» (Vers 26)
Danke!