News aus dem Kanton St. Gallen

Herkunft: Mutterbauch

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21.12.2021
Die Hebamme Carla Pighi hat schon über hundert Kindern auf die Welt geholfen. Sie weiss: Ist ein Kind auf der Welt, so ist es von der ersten Sekunde an ein komplettes Wesen.

«Woher komme ich?» Wer könnte diese Frage besser beantworten als eine Hebamme? Die Natur hat es so vorgesehen, dass Menschen neun Monate im Bauch der Mutter wachsen, bevor sie, in der Regel mit Hilfe einer Hebamme, das Licht der Welt erblicken. Wie unterschiedlich die Erfahrungen der Eltern bei der Geburt eines Kindes sind, erlebt Carla Pighi in ihrem Berufsalltag. Eines ist für die junge Fachfrau klar: «Jede Frau hat das Recht, ihr Kind so zu gebären, wie sie will.»

 

«Mich beeindruckt, dass es in unserer technisierten Welt keinen Ersatz für den natürlichen Weg des Menschwerdens gibt.»

 

Zuerst lernte Carla Pighi Fachfrau Gesundheit. Ihr fehlte aber in diesem Beruf der länger andauernde Kontakt zu den Menschen. So suchte sie nach neuen Möglichkeiten. «Auf Umwegen kam ich zum Schnuppern als Hebamme und wusste gleich: Das ist der richtige Beruf für mich.» Sie holte die Berufsmatura nach und absolvierte ein vierjähriges Studium, begleitet von Praktika.

Kind hat eigenen Charakter

Auf die Frage, wie sie als Hebamme den Moment der Geburt erlebt, blickt Carla Pighi auf die Anfänge ihrer Berufszeit zurück. «Als junge Hebamme hatte ich so viel zu bedenken und zu berücksichtigen, dass ich den Augenblick erst verzögert wahrnehmen konnte.» Heute, mit mehr Berufserfahrung, bewundere sie die Kraft der Frau, wie sie das Kind zur Welt bringe. «Das Zusammenspiel zwischen Kind und Mami ist spannend zu beobachten.» Auch fasziniert sie, dass es während der Schwangerschaft eher komisch wirke, wenn die werdende Mutter mit ihrem Bauch spreche. «Ist das Kind aber auf der Welt, ist es von der ersten Sekunde an ein komplettes Wesen und hat seinen eigenen Charakter.»

Väter oft dabei

Pighi ist beeindruckt von der Tatsache, dass es in der technisierten Welt keinen Ersatz für den natürlichen Weg des Menschwerdens gibt. Auch Gleichberechtigung nütze in diesem Zusammenhang nichts: «Es ist der Frau vorbehalten, eine Schwangerschaft und die Geburt zu erleben. Sie soll auch bestimmen dürfen, wer sie in diesen Stunden begleitet, wobei heute die Väter oft dabei sind.»

Als Hebamme in einem Geburtshaus im Zürcher Oberland steht Carla Pighi für eine umfassende Beratung und Begleitung der werdenden Mutter ein. «Bereits während der Schwangerschaft haben die Frauen Anspruch auf die Begleitung durch eine Hebamme, leider wissen das viele nicht und verzichten deshalb darauf.» Dabei sei die einfühlsame Begleitung im Vorfeld einer Geburt wichtig, um den Frauen in einer emotional schwierigen Zeit die Angst zu nehmen.

Vaginal oder per Kaiserschnitt?

Geht es ums Thema Kaiserschnitt, äussert sich die Hebamme zurückhaltend. Sie ist der Meinung, dass Frauen grundsätzlich bestens für eine natürliche Geburt gerüstet sind. «Mit der entsprechenden Vorbereitung können sie auch darin bestärkt werden, diese selbstbewusst und selbstbestimmt zu gestalten, was Begleitung, Ort und Ablauf angeht.» Die Hebamme ist froh darüber, dass der Kaiserschnitt heute als sichere Notfallgeburt zur Verfügung steht, findet es aber schade, wenn Frauen ihre Urkompetenz freiwillig abgeben.

Seit dem Abschluss ihrer Ausbildung hat Carla Pighi bereits rund 130 Kindern auf die Welt geholfen. Dazu war sie oft bei Begleitungen und Betreuungen als Zweithebamme im Einsatz. Auch wenn der Beruf unregelmässige Arbeitszeiten beinhaltet, ist sie mit der Wahl rundum zufrieden und freut sich über jede Vorbereitung, Geburt und Betreuung von Mutter und Kind. «Gerade die Unterstützung beim Stillen, aber auch Wissensvermittlung rund um das Integrieren eines Kindes in den Alltag und die damit verbundenen Herausforderungen sind für junge Mütter nicht ganz einfach.

Text: Adi Lippuner, Journalistin BR, Wildhaus | Foto: zVg – Kirchenbote SG, Januar 2022

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