News aus dem Kanton St. Gallen

Die Kirche bin ich

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24.04.2018
In den 40 Kirchgemeinden im Kanton St. Gallen arbeiten rund 1000 Vollzeit- und Teilzeitangestellte. Auf dem Gebiet der Evangelisch-reformierten St.Galler Kantonalkirche engagieren sich aber auch rund 5000 Freiwillige. Fünf davon stellen ihre Tätigkeit vor.

Wenn wir an kirchliche Mitarbeiter denken, dann kommen uns im Normalfall zuerst einmal Pfarrpersonen, Diakone, Jugendarbeiterinnen, Katechetinnen, Sozialarbeiter, Mesmerinnen, Musiker und Sekretärinnen in den Sinn. Sie sind die, welche meist im Vordergrund stehen, in der Öffentlichkeit sichtbar sind, über die man spricht. Und die Kirchgemeinden leben dank ihres Einsatzes. 

Nicht offensichtlich
Die Kirchgemeinden leben aber ebenso dank des Einsatzes all der freiwillig Mitarbeitenden, die meist nicht so öffentlich sichtbar sind: Lektorinnen, Hauskreisleiter, Chor- und Bandmitglieder, Cevi-Leiter, Predigtverteilerinnen, Jungleiter im Konfirmandenlager oder im Jugendtreff. Menschen, die bei Jubilaren oder Alleinstehenden Besuche machen, in einem Bistroteam oder bei der Lebensmittelabgabe anpacken, die sich in der Kinderbetreuung oder der Begleitung von Asylbewerbern engagieren. Personen in einem Ehrenamt wie der Kirchenvorsteherschaft, der Geschäftsprüfungskommission oder der Synode. Und noch viele mehr.

Fünf von diesen 5000 freiwillig Mitarbeitenden, welche Kirche ausmachen, stellen sich und ihre Tätigkeit vor.

Ursula Schweizer

Jg. 1951, Kindergärtnerin/Hausfrau, Kirchgemeinde Uznach und Umgebung 

Was tun Sie als freiwillige Mitarbeiterin in Ihrer Kirchgemeinde?

Zusammen mit einer Kollegin führe ich einmal pro Monat einen Vormittag lang das Bistro im Generationenhaus in Eschenbach.

Wie ist es dazu gekommen?
Als Präsidentin unserer Kirchgemeinde habe ich damals den Bau des Generationenhauses intensiv begleitet. Nach meinem Rücktritt vor vier Jahren war es mein Wunsch, mich weiterhin freiwillig zu engagieren. Die Arbeit im Bistro ist sozusagen mein Traumjob, der vieles ideal miteinander verbindet: Ich bin gerne unter Menschen, bleibe weiterhin im Kontakt mit mir liebgewordenen kirchlich Mitarbeitenden und erlebe im Generationenhaus, wie die Vision eines lebendigen, gastfreundlichen Hauses Realität geworden ist.

Ihr eindrücklichstes Erlebnis?
Es gibt kein «eindrücklichstes» Erlebnis – es ist ein Gesamtpaket von Eindrücken. Wir begrüssen Gäste vom Baby bis zur Seniorin. Einzelpersonen, Grosseltern oder Mütter mit Kleinkindern, Stammtisch- und Kaffeerunden. Es ist faszinierend, wie sich ganz unterschiedliche Menschen zueinander an den Tisch setzen und Gespräche beginnen, während die Kinder meist schnurstracks in die Spielecke oder auf den Spielplatz gehen. Manche Gäste sind dankbar für ein spontanes Gespräch mit Pfarrer Martin Jud, manche geniessen einen Moment der Ruhe, andere freuen sich, wenn wir Gastgeberinnen Zeit für sie haben und Anteil nehmen an Freuden und Sorgen. Jeder Morgen verläuft anders, aber jedes Mal ist es ein gutes Erlebnis! 

 

Martin Näf

Jg. 1964, Kursinstruktor, Kirchgemeinde Ebnat-Kappel 

 

Was tun Sie als freiwilliger Mitarbeiter in Ihrer Kirchgemeinde?
Als Mitglied der Kirchenvorsteherschaft betreue ich das Ressort Religionsunterricht. Dies beinhaltet unter anderem den Kontakt zu den Religionslehrpersonen, zur Schulbehörde und zu den Vertretern der katholischen Kirche mit demselben Aufgabenbereich.

Wie ist es dazu gekommen?
Unsere Wohngemeinde ist mit rund 5000 Einwohnern nicht sehr gross. Man kennt sich im Dorf. Ein Kivo-Mitglied hat mich angefragt und mir gleich dieses Ressort angeboten. Da ich beruflich auch viel mit Jugendlichen arbeite, sind mir deren Belange, Wünsche und Vorstellungen nicht allzu fremd. Mit den Aufgaben in diesem Ressort konnte ich mich gut identifizieren. Darum habe ich zugesagt.

Ihr eindrücklichstes Erlebnis?
Alle Mitglieder der «Kommission Religionsunterricht» haben die Aufgabe, die Lehrpersonen mindestens einmal im Jahr bei ihrer Tätigkeit zu visitieren. Für mich ist es immer wieder eindrücklich, zu sehen, mit welchem Engagement und mit welcher enormen Empathie die Lehrpersonen jede einzelne Lektion vorbereiten und durchführen. Sie können die Schülerinnen und Schüler für jede einzelne Lektion begeistern. Die hohen Teilnehmerzahlen in den ERG Kirche-Stunden sind die Früchte dieser Arbeit.

 

Käthi Giezendanner-Eugster

Jg. 1965, Kindergärtnerin, Kirchgemeinde Ebnat-Kappel  

Was tun Sie als freiwillige Mitarbeiterin in Ihrer Kirchgemeinde?
Seit bald drei Jahren bin ich als Lektorin tätig und lese mit Freude die Texte zum Gottesdienst der Gemeinde vor. 

 Wie ist es dazu gekommen?

Eine langjährige Lektorin, welche ich sehr geschätzt und im Gottesdienst gerne gehört habe, hat damals ihre Mitarbeit beendet. So sprach mich unser Pfarrer, Philippe Müller, an, ob ich mir vorstellen könnte, als Lektorin in den Gottesdiensten mitzuwirken. Ich sagte gerne zu, kann ich doch so aktiv am Gottesdienst teilnehmen. 

Ihr eindrücklichstes Erlebnis?
Mein eindrücklichstes Erlebnis ist jedes Jahr immer wieder die Lesung am Gründonnerstag. Wir erleben dabei die letzten Stunden von Jesus bis hin zu seiner Verhaftung. Begleitet werden die biblischen Texte jeweils durch unseren Kirchenmusiker Philipp Kamm, welcher es versteht, die Geschehnisse am Klavier so zu begleiten, dass die Musik tief berührt und eigene innere Bilder entstehen lässt. Pfarrer Philippe Müller gibt dazwischen eine kurze Einführung zum Thema Salbung und feiert mit uns allen das Abendmahl. Die schlichte, eindrucksvolle Feier wird von Liedern und Gebeten begleitet. In dieser abendlichen Feier die Texte lesen zu dürfen, berührt mich jedes Mal sehr! Die Texte werden lebendig, wir alle sind in die damalige Geschichte eingebunden und auf ganz persönliche Weise berührt. 

 

Cecile Herzig

Jg. 1973, Pflegerin/Erzieherin, Kirchgemeinde Uznach und Umgebung

Was tun Sie als freiwillige Mitarbeiterin in Ihrer Kirchgemeinde?
Ich gebe Deutschunterricht für eine irakische Flüchtlingsfamilie, betreue Flüchtlingskinder und bin für eine begrenzte Zeit Patin bei einer eritreischen Familie mit zwei Kindern.

Wie ist es dazu gekommen?
2016 und 2017 war ich mit meinen Töchtern und Freunden in einem Hilfseinsatz in den Flüchtlingscamps in Griechenland. Schon damals war klar, dass ich mich auch zu Hause weiterhin für Flüchtlinge und Asylsuchende einsetzen werde. Ich fragte darum bei der Kirchgemeinde an, ob für das Hilfswerk eine Kollekte gesammelt werden könnte. So kam ich ins Gespräch über verschiedene Möglichkeiten, hier in der Gemeinde die Flüchtlinge zu unterstützen. Ausserdem wurde mir angeboten, einen Vortrag über unseren Einsatz in Griechenland zu halten. So bin ich quasi hineingerutscht in meine drei Tätigkeiten.

Ihr eindrücklichstes Erlebnis?
Zum einen gingen mir die menschenverachtende Behandlung der Flüchtlinge in den Camps und die Verzweiflung, mit der sie jeden Tag um das wenige Essen kämpfen mussten, ans Herz. Zum andern war ich sehr berührt, als mir während des Deutschunterrichts der irakische Familienvater unter Tränen von der Flucht und seinem unterwegs gestorbenen Kind erzählte, das er «irgendwo in den Bergen» hatte begraben müssen. Das Vertrauen, das er mir in diesem Moment entgegenbrachte, bewegte mich sehr und bestärkte mich darin, weiterhin für diese Menschen da zu sein mit Herz und Hand.

 

Hansjörg Briggen

Jg. 1951, pensionierter Speditionsfachmann, Kirchgemeinde Buchs

 

Was tun Sie als freiwilliger Mitarbeiter in Ihrer Kirchgemeinde?
Seit einigen Jahren engagiere ich mich in der Werdenberger Lebensmittelabgabe. Diese wird betrieben vom Diakonieverein Werdenberg, der vor 20 Jahren gegründet wurde, um die diakonische Arbeit der Kirchgemeinde zu verstärken. Nach Bedarf fahre ich mit Lebensmitteln, die von der «Schweizer Tafel» zur Verfügung gestellt werden, von St.Gallen nach Buchs. Auch bei Geschäften, Bauern und Lebensmittelproduzenten in der Region hole ich Esswaren ab. Daneben packe ich auch oft bei spontanen Auf- und Abräumaktionen bei kirchlichen Anlässen an. Aktuell bin ich auch im Organisationskomitee für den Kirchentag Werdenberg-Liechtenstein am 10. Juni für Infrastruktur und Verpflegung zuständig. Und einmal im Monat mache ich mit Bewohnern des Altersheims Ausflüge mit dem Kleinbus.

Wie ist es dazu gekommen?
Die erste spontane Anfrage für einen Transport kam, als ich noch in St.Gallen arbeitete. Ich fuhr damals mit Waschmitteln in meinem Auto nach Hause, weil diese aus gesetzlichen Gründen nicht zusammen mit Lebensmitteln befördert werden dürfen. Nach meiner Pensionierung 2011 habe ich mit den Transporten einfach weitergemacht.

Ihr eindrücklichstes Erlebnis?
2010 hatte ich mein Auto für einen Transport der «Schweizer Tafel» von St.Gallen nach Buchs mit 6000 Mohrenköpfen beladen.

 

Text: Marcel Wildi | Fotos: pd  – Kirchenbote SG, Mai 2018

 

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