«St. Galler Akzente» zur Palliative Care
Palliative Care soll künftig noch leichter abrufbar sein, erklärte die Präsidentin der Fachgesellschaft Palliative.ch, Sonja Flotron. Dazu wolle man die Information in der Öffentlichkeit verbessern und die Bedürfnisse Betroffener genauer abklären. Der Aufbau einer Bevölkerungsorganisation soll dabei helfen.
Als Vorzeigebeispiel wohnortnaher Dienstleistung gilt das Pallifon, das im Kanton Zürich als Pilotprojekt eingerichtet wurde. Unter einer zentralen Rufnummer können pflegende Angehörige bei akuten Problemen direkt mit Palliative-Experten sprechen, die umgehend reagieren. «So lässt sich etwa eine Einweisung ins Spital umgehen», legt Flotron dar. Das Pallifon soll weiterentwickelt werden und künftig landesweit erreichbar sein.
Nach St. Galler Vorbild
Die Fachgesellschaft treibe zudem die Professio- nalisierung der Berufsgruppen voran, hiess es weiter. «Bei der Medizin sind die Curricula aufgegleist, bei der Pflege und Seelsorge in Arbeit.» Die Gründung einer eigenen Fachgruppe Seelsorge, neben Medizin und Pflege, begrüsst Flotron. «Das belegt den hohen Stellenwert des multi-dimensionalen Ansatzes in der Betreuung am Lebensende. Spirituelle Betreuung gehöre integral dazu.
Das Engagement der Landeskirchen in der Palliative Care ist denn zuletzt auch spürbar intensiver. Das zeigte nicht nur der gemeinsame, bestens organisierte Info-Stand an bester Lage im Kongresshaus von Biel. Vor allem haben nun fast alle Kantonalkirchen Pensen für Palliative-Beauftragte geschaffen, dies, nach dem Vorbild der Pioniere in St.Gallen und Aargau. Schweizweit umfassen diese Stellen zusammen nun rund acht Vollzeitpensen.
Spirituellen Anspruch ernst nehmen
«Nur Qualität zählt», erklärte Karin Tschanz, die Vizepräsidentin von Palliative.ch im Blick auf die spirituelle Begleitung in der letzten Lebensphase. Landeskirchliche Seelsorger seien dafür beispiellos fundiert ausgebildet, verfügten über ein geisteswissenschaftliches Unistudium sowie eine klinisch-psychologische Zusatz- ausbildung und breite Erfahrung im Umgang mit Riten, Sprache und Gestaltung.
Die Seelsorge der Landeskirchen lasse sich darum nicht in die konfessionelle Ecke stellen. «Sie ist nicht missionarisch, sondern interdisziplinär unterstützend», erklärte sie. Seelsorge hat auch philosophische und religionswissenschaftliche Kenntnisse, die nicht zuletzt in der Begegnung mit Menschen anderer Kulturkreise oder bei nicht-religiösem Hintergrund zum Tragen kommen. «Jeder Mensch hat unabhängig von seiner Einstellung Anspruch auf seriöse spirituelle Begleitung», betont sie.
Impulse aus der Ostschweiz
Renata Aebi von der St.Galler Palliative-Projektstelle beeindruckte den Kongress mit zwei Vorträgen aus der Praxis. Die Sarganser Theologin berichtete von einer Patientin, die nicht mehr sprechen kann. Zusammen mit der Sozialpädagogin schuf sie eine visuelle Sprache, mit der es der Patientin gelang, ihre Gedanken zum Lebensende zu artikulieren. In einem zweiten Fall half ein geduldig entwickeltes Lebensbuch einem gelähmten Mann dazu, seine Ressourcen offenzulegen. Physio- und Musiktherapie konnten im fachlichen Dialog anknüpfen und seine Lebensqualität verbessern.
André Fringer von der FH St.Gallen trug drei Vorträge und vier Posterarbeiten bei, namentlich zur Frage der Gestaltung von Übergängen. Auch das renommierte Palliative-Zentrum am St.Galler Kantonsspital war mit Barbara Grossenbacher, Daniel Büche und Florian Strasser prominent vertreten. Sie berichteten aus der Forschung, etwa zur Bedeutung existenzieller Fragen für die Lebensqualität bei Sterbenden.
Text und Foto: Reinhold Meier, Wangs – Kirchenbote SG, Januar 2017
«St. Galler Akzente» zur Palliative Care