Die Volksschule im Kanton St. Gallen hat in den letzten drei Jahren Erfahrungen mit dem neuen Lehrplan gesammelt. Diese Frist hatte der Bildungsrat gesetzt, um die Rahmenbedingungen zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Es zeigte sich, dass die Inhalte des Lehrplans und die kantonalen Rahmenbedingungen grundsätzlich passen und in den Schulen erfolgreich umgesetzt werden können. In einer Vernehmlassung wurden die Meinungen der Anspruchsgruppen und der politischen Parteien eingeholt.
Angebote Schulen/Kirchen heisst nun Freifächer
Ab dem Schuljahr 2021/22 gelten folgende Anpassungen an den Rahmenbedingungen des Lehrplans Volksschule: Die Schulen können die Lektionenzahl in zwei Fachbereichen auf der Oberstufe – «Wirtschaft, Arbeit Haushalt» (WAH) und «Berufliche Orientierung» (BO) – flexibel verteilen. Die Gesamtanzahl der Lektionen bleibt dabei unverändert. In altersdurchmischten Kleinklassen der Oberstufe sind begründete Abweichungen von der Lektionentafel möglich, um den Unterricht im Klassenverband besser zu ermöglichen. Die Anzahl Lektionen des Wahlfachs «Technisches und Textiles Gestalten» (TTG) in der 2. Sekundarklasse wird ausgebaut auf bis zu 3 Wochenlektionen. Und: «Angebote der Schulen/Kirchen» heissen neu «Freifächer».
ERG künftig im ungeteilten Klassenverband
Anlass zu Diskussionen gab bei der Überprüfung der Lehrplan-Rahmenbedingungen insbesondere die Organisation des Fachs «Ethik, Religionen, Gemeinschaft» (ERG). Dieses Fach unterrichten seit der Einführungsphase des neuen Lehrplans sowohl die Schule wie auch die Landeskirchen – eine schweizweit einzigartige Sonderlösung. Aktuell entscheiden die Eltern, bei wem ihr Kind ab der 3. Primarklasse dieses Wahlpflichtfach besucht. Gemäss dem Beschluss des Bildungsrates wird ab August 2021 das Fach ERG sowohl in der Primarschule als auch auf der Oberstufe zum rein schulischen Fach im Klassenverband. Der Entscheid begründet sich damit, dass die fragliche Thematik in der ganzen Klassengemeinschaft gefördert und die spaltende Wirkung des bestehenden Modells zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgruppen – oft entlang der Abgrenzung zwischen christlichem und nichtchristlichem Hintergrund – überwunden werden soll.
ERG bleibt auch in der Primarschule eigenständig
Damit vollzieht der Kanton St.Gallen auch bei diesen Inhalten die Vorlage Lehrplan 21 beziehungsweise die Regelung in den übrigen Kantonen. Dies allerdings mit dem Unterschied, dass in der Primarschule ERG nicht, wie sprachnational vorgeschlagen, Bestandteil des Fachs Natur, Mensch, Gemeinschaft (NMG) wird, sondern ein eigenständiges Fach in der Lektionentafel bleibt. Dies sichert den hohen Stellenwert der entsprechenden Inhalte und erlaubt es der Schule, ihren gesellschaftlichen Integrationsauftrag bruchlos zu erfüllen.
Religionsunterricht flexibel ausbauen
Die Schulträger sind weiterhin gemäss Volksschulgesetz verpflichtet, den bekenntnisbezogenen Religionsunterricht in den Stundenplan aufzunehmen und dafür unentgeltlich Schulräumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Die Landeskirchen bleiben mit dem Religionsunterricht ein wichtiger Teil des Schullebens. Damit bleibt ein markanter Unterschied zur Lehrplanvorlage 21 bestehen. Diese hatte keinen Religionsunterricht vorgesehen, was viele Kantone zur Ausgliederung der Religion in den Privatbereich bewog. Von diesen Kantonen unterscheidet sich der Kanton St. Gallen weiterhin.
Die Kirchen können ab Schuljahr 2021/22 den Religionsunterricht flexibel entsprechend ihren Bedürfnissen anbieten. Es sind neu Bandbreiten für die Dotation dieses Wahlfachs vorgesehen. Die Kirchen haben insbesondere die Möglichkeit, den Religionsunterricht wieder auf die Anzahl Lektionen vor Erlass des Lehrplans Volksschule auszubauen und damit die aktuellen Unterrichtspensen ihrer Lehrpersonen fortzuführen.
Langjähriges Projekt Lehrplan ist abgeschlossen
Die nun beschlossenen Anpassungen schliessen das Projekt Lehrplan Volksschule ab. Seit 2013 bis heute haben das Amt für Volksschule und die Pädagogischen Hochschule St. Gallen (PHSG) in enger Zusammenarbeit die Lehrplaneinführung für die rund 6500 Volksschullehrpersonen vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet. Ein ausführlicher Projektbericht wird demnächst öffentlich.
Text: Medienmitteilung Staatskanzlei St. Gallen, Foto: Pixabay – Kirchenbote SG, 23. November 2020
Schulen unterrichten «Ethik, Religionen, Gemeinschaft» künftig alleine