News aus dem Kanton St. Gallen

In der Fremde zu Hause

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23.05.2018
In den 1990er-Jahren hat die Gerontologin Jeannine Bächle-Wildberger mit unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern gearbeitet – mit Kindern, die ohne Eltern in ein fremdes Land geschickt wurden, um in Sicherheit zu sein. Jetzt hat sie ein bezauberndes Kinderbuch herausgegeben: «Fridolin – in der Fremde zu Hause». Fridolin ist ein kleiner roter Kater.

Die in der St.Galler Altstadt lebende Jeannine Bächle war 40 Jahre lang in der Sozialberatung für kommunale und staatliche Institutionen und Behörden für Kinder und Erwachsene tätig. Sie war bei Anhörungen unbegleiteter Flüchtlingskinder dabei und erlebte eins zu eins, was es bedeutet, ohne Eltern weggehen zu müssen. Diese Kinder haben alles verloren: Familie, Freunde, Kultur, Sprache, Alltag. Sie sahen Menschen sterben, sind traumatisiert – sie leben im leeren Raum. Der wichtigste Fluchtgrund ist Krieg. Und die Eltern schicken ihre Kinder auf die Flucht – und bezahlen dafür. Kein Kind flieht freiwillig ohne Eltern. Manche haben ihre Eltern auch auf der Flucht verloren.

«Das Buch ist eine Möglichkeit, Kindern zu erklären, was Flucht vor dem Krieg bedeutet.»

Ventile öffnen sich
Bei grösseren Kindern seien die Erzählungen von ihrer Flucht, als ob sich Ventile öffneten, sagt Jeannine Bächle. Damals schon schrieb sie den Text des Kinderbuchs «Fridolin». Als vor zwei Jahren sehr viele unbegleitete Minderjährige in die Schweiz kamen, beschloss sie, das Buch herauszugeben und es selber zu illustrieren: «Kinder haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, warum in vielen Ländern Krieg herrscht. Sie kommen nicht darum herum, mit Kriegsmeldungen konfrontiert zu werden und wollen wissen, warum diese Kinder in die Schweiz kamen, warum in unser Dorf, in unsere Stadt. In vielen Klassen sind heute Flüchtlingskinder. ‹Fridolin› ist eine Möglichkeit, Kindern zwischen sechs und zehn Jahren zu erklären, was Flucht vor dem Krieg bedeutet», sagt Jeannine Bächle. 

Wir haben immer Heimweh
«Fridolin» hat nur ein vorläufiges Happy End. Das Ende bleibt offen. Zwar findet er seine Schwester Inka wieder, aber er kehrt nicht in die Heimat zurück. Gemeinsam schreiben sie dem Suchdienst des Roten Kreuzes einen Brief; sie hoffen, ihre Eltern und die Geschwister wieder zu finden. «Wir haben immer wieder Heimweh», schreiben sie.

Das Buch «Fridolin» ist in der Buchhandlung zur Rose, Gallusstrasse 18, St.Gallen, erhältlich.

 

Text: Margrith Widmer | Foto: Regina Kühne  – Kirchenbote SG, Juni-Juli 2018

 

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