News aus dem Kanton St. Gallen

Aufgewachsen mit dem Nussbaum

min
24.09.2016
FRILTSCHEN TG. Für Kirchenrat Rolf Bartholdi ist Juristenfutter keine trockene Angelegenheit, sondern spannend und lebensnah. Der Verwal- tungsrichter und Familienmensch leitet in der Evangelischen Landeskirche Thurgau das Ressort Recht und Gesetzgebung.

Von Brunhilde Bergmann

Gesetze und Bestimmungen sind sein tägliches Brot. Dabei denkt der Jurist und Kirchenrat Rolf Bartholdi nicht primär ans Rechtswesen: «Ich lebe mit den Gesetzmässigkeiten der Natur, nach ihrem Fahrplan, ich bin von der Scholle geprägt.» Bartholdi weist auf den grossen Nussbaum beim Einfamilienhaus in Friltschen, das er mit seiner Ehefrau bewohnt: «Mit diesem Baum bin ich aufgewachsen, wie schon mein Vater und Grossvater.» Bäume allgemein – und dieser Baum ganz besonders – sind für ihn Symbol für Ruhe und Stabilität. «Er trotzt den Stürmen des Lebens und lehrt Demut vor der Schöpfung.» Dieses Jahr ist seine Familie um Schwiegersohn und Schwiegertochter gewachsen. Seit kurzem ist der 63-Jährige Grossvater. «Ich freu mich jetzt schon drauf, mit meiner Enkelin Bäche zu stauen und ihr den Wald zu erklären!»

Breite Erfahrung

Der Kirchenrat sorgt als Exekutivorgan der Evangelischen Landeskirche für den Vollzug der kirchlichen Gesetze und Verordnungen. Er bereitet aber auch Gesetze, Verordnungen und Reglemente zuhanden der Synode – des Parlaments – vor. Rolf Bartholdi legt als Ressortleiter sein Augenmerk darauf, dass «gut gemeint» auch «gut gemacht» ist, dass Regelungen auch formal korrekt sind und Unklarheiten in der Auslegung von vornherein möglichst vermieden werden. Die Landeskirche profitiert von Bartholdis Fachwissen als Richter beim Thurgauer Verwaltungsgericht. Seine 10-jährige Erfahrung als Gemeindeammann in Bussnang hilft, dass es bei der praktischen Umsetzung der Rechtsanwendung an der Front nicht zu Überraschungen kommt. Im Rahmen seines 25-Prozent-Pensums berät er die Kirchgemeinden in Rechtsfragen und versteht es, Juristendeutsch in eine verständliche Alltagssprache für Laien zu übersetzen. Dieser Service wird von den Gemeinden besonders in Wahljahren in Anspruch genommen. Bartholdis Fachwissen ist natürlich auch gefragt, wenn der Kirchenrat rechtsweisende Entscheide fällen oder als Rekurs-Instanz über Kirchenvorsteherschafts-Entscheide oder Kirchgemeinde-Beschlüsse befinden muss.

Spannend, weil lebensnah

Paragraphen-Jonglieren sei wohl kaum sein Wunschtraum aus Kindertagen. Der Jurist widerspricht: «Doch, doch! Vater und Grossvater wirkten in öffentlichen Ämtern, so erfuhr ich schon früh, was Konflikte fürs Zusammenleben bedeuten. Recht setzen, Recht anwenden und Recht sprechen sind nicht trocken, sondern spannend, weil lebensnah.»

Kultur bedeutet Bartholdi viel

Der Mittelthurgauer setzte sich für den Bau des Kinos in Weinfelden ein und ist Verwaltungsrat der Cinema Liberty AG in Weinfelden. Als ehemaliger Mitarbeiter im Rechtsdienst des Bau- und Umweltdepartements im Kanton Thurgau ist er mit Fragen der kantonalen Denkmalpflege vertraut. Das erleichtert seine Arbeit in der landeskirchlichen Kommission für kirchliche Bauten, die er leitet und in die er Herzblut investiert. Davon profitieren die Kirchgemeinden zum Beispiel bei Kirchen- und Altbau-Restaurationen. Bartholdi schwärmt: «Ich bin immer wieder fasziniert vom handwerklichen Können unseres einhei- mischen Gewerbes, das mit Sorgfalt, Liebe und Engagement alte Bausubstanz erneut zum Strahlen bringt.» Jetzt freut sich Bartholdi auf die geplante Reise mit Ehefrau Sabina nach Dresden: «Klar besichtigen wir die Frauenkirche, Karten für die Semperoper haben wir natürlich auch.» 

Unsere Empfehlungen

Glücklich ist, wer freiwillig arbeitet

Glücklich ist, wer freiwillig arbeitet

Das Priestertum aller Gläubigen bekommt neuen Schwung: Mehrere Kantonalkirchen haben sich zusammengetan, um die Freiwilligenarbeit gemeinsam zu stärken. Dafür haben sie einen neuen Leitfaden herausgegeben.
«Wer hätte das gedacht?»

«Wer hätte das gedacht?»

Wilfried Bührer prägte die Evangelische Landeskirche Thurgau über Jahrzehnte. Im Rahmen eines grossen Festgottesdienstes wurde er Ende Mai 2022 verabschiedet. Einen besonderen Gruss überbrachte die Thurgauer Regierungspräsidentin Monika Knill, die einst seine Konfirmandin war.