Bezahle Raummiete mit Rasenmähen
Lukas Ebner lebt seit einigen Monaten in einem Zimmer im Hause von Silvia Marbacher in Niederteufen. Er suchte eine günstige Bleibe in der Umgebung von St.Gallen. Sie war bereit, einen leerstehenden Raum zur Verfügung zu stellen. Zusammengebracht hat den Deutschen, der an der Universität St.Gallen studiert, und die alleinerziehende Mutter, die Teilzeit in der Kommunikationsbranche arbeitet, das Projekt «BeneWohnen».
Quadratmeter sind der Massstab
Bei «BeneWohnen» wird Wohnraum gegen zeitliches Engagement getauscht. Statt eine Miete zu begleichen, wird das Wohnen mit Zeit bezahlt. Wer bei sich zu Hause ein ungenutztes Zimmer frei hat, kann dies Studentinnen und Studenten gegen eine Zeitgutschrift bei der Zeitbörse Benevol zur Verfügung stellen. Die Miete in Form von Stunden richtet sich nach der Quadratmeterzahl des Zimmers. Ein Raum mit zwölf Quadratmetern beispielsweise bedingt für die logierende Person die Leistung von zwölf Stunden pro Monat, die in Form von Mithilfe aller Art wie Arbeiten im Haushalt, Computer-Support oder Gartenpflege abgegolten werden kann.
«Wir fördern damit nicht nur den generationenübergreifenden Austausch, sondern nutzen den Wohnraum effizient.»
Der Stundentausch erfolgt entweder direkt zwischen dem «Vermieter» und dem «Mieter» oder auch via Dienstleistungen, die für oder von andern Mitgliedern der Zeitbörse erbracht werden. Und so mäht denn der 26-Jährige in Niederteufen den Rasen, hilft im Haushalt, der Tochter bei den Hausaufgaben oder installiert der Gastgeberin ein neues Virenprogramm für den Computer.
Austausch über Generationen
«Wir fördern mit ‹BeneWohnen› nicht nur den generationenübergreifenden Austausch, sondern nutzen effizient den Wohnraum und schaffen ein Angebot für engagierte Studentinnen und Studenten», begründet Antje Stoffel, Projektleitern von «BeneWohnen», die Idee. Mittlerweile sind zwölf Wohnpartnerschaften entstanden, wobei die Nachfrage seitens der Studentenschaft doppelt so gross ist wie Wohnraum angeboten werden kann. Doch Benevol St.Gallen führt nicht auf Biegen und Brechen Personen zusammen. Qualität kommt vor Quantität, zumal die neu geschaffene Lebensgemeinschaft zusammenpassen und über eine längere Zeit zusammenbleiben sollte. Vorbehalte sind denn auch von beiden Seiten frühzeitig anzubringen, vor allem auch bei älteren Menschen. Denn eine fremde Person bei sich aufzunehmen, bedeutet auch, das Bad und die Küche mit ihr zu teilen, Besuch zu respektieren. Deshalb suchen die Verantwortlichen des Projekts im Vorfeld das Gespräch mit beiden Parteien, bevor eine Vereinbarung unterzeichnet wird.
«Bei der Anmeldung kein Thema ist die Religion. »
Wünsche und Vorstellungen werden eingebracht und auf eine gute Übereinstimmung geprüft. «Bei der Anmeldung kein Thema ist die Religionszugehörigkeit, entsprechend ist uns auch keine Gemeinschaft mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen bekannt», sagt Stoffel. Dank der Vorabklärungen kommt es kaum zu Konflikten. «Eine Wohnpartnerschaft musste aber aufgelöst werden, weil die Studentin nicht zur Gastgeberin passte.» Andere Partnerschaften endeten mit dem Studienabschluss, einem Wechsel ins Ausland oder dem Zusammenzug mit einem Partner.
Feuer und Flamme
Lukas Ebner schätzt sein Daheim in Niederteufen: «Hier habe ich Ruhe von der Uni, erlebe den Familienalltag, Ablenkung.» Seine Art zu wohnen hebt sich von den klassischen Studenten-WG ab, die in Ebners Alter nicht mehr zuoberst auf der Wunschliste stand. Positiv äussert sich auch Silvia Marbacher über die neue Gemeinschaft: «Wir sind Feuer und Flamme von der Idee; auch meine Tochter ist begeistert von Lukas. Es ist schön, wieder jemanden im Haus zu haben. Es gibt Leben in den Alltag. Wir sind froh, dass wir Lukas noch eine Weile bei uns haben dürfen.
Text: Katharina Meier / pd | Foto: Benevol /Urs Anderegg – www.sungallen.ch – Kirchenbote SG, September 2016
Bezahle Raummiete mit Rasenmähen