Den eigenen Sohn opfern
Und [Gott] sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, Isaak, und geh in das Land Morija und bring ihn dort als Brandopfer dar auf einem Berg.
Als Kinder hatten wir eine Bilderbibel mit alten Holzschnitten. «Isaaks Opferung» ist dort ein gewaltiges Bild: Abraham schaut finster, den rechten Arm erhoben, mit einem grossen Messer in der Hand. Mit der linken Hand hält er Isaak am Kopf, den Hals frei für den Zustich. Isaaks Schicksal scheint besiegelt. Aber nein, ein Engel kommt und hält seine Hand schützend über ihn. «Lege deine Hand nicht an den Knaben und tue ihm nichts, denn nun weiss ich, dass du Gott fürchtest», wird der Engel am Bildrand zitiert.
Was für eine Dramatik! Es ist eine unmenschliche Entscheidung, die Abraham treffen muss – und sie ist paradox: Ob er Gott gehorcht oder nicht, in beiden Fällen stirbt die Verheissung, dass er ein grosses Volk werden wird und ein Segen für alle Völker. Entweder weil Isaak, der Segensträger, stirbt oder weil Abraham den Segen nicht verdient.
Wenn heutzutage im sogenannten Heiligen Land täglich Kinder sterben, von Kriegsparteien für ihre Interessen geopfert, bin ich ratlos. Es gibt keinen Engel, der schützend seine Hand ausstreckt. Wer kann heute das Unmenschliche verhindern? Wer glaubt noch, wie Abraham (paradox) an Segen für alle Völker?
(Un-)heilige Verse in der Bibel
Die Bibel enthält manch anstössige Stellen. Eine solche bekommt in dieser Serie jeweils eine Pfarrperson vorgesetzt. Sind auch Sie auf einen Vers gestossen, der Ihnen sauer aufstösst oder ein ungläubiges Lachen entlockt? Dann schreiben Sie den Vers in die Kommentare.
Den eigenen Sohn opfern