News aus dem Kanton St. Gallen

«Die Musik geht mitten ins Herz»

von Andrea Kobler
min
29.04.2025
«Oh Happy Day», «Amazing Grace» oder «He Knows my Name» — Gospelsongs öffnen das Herz, loben, danken, sprechen von der Hoffnung, die aus dem Glauben entspringt, und verbinden. Zum Beispiel bei Gospel im Werdenberg.

Gospel verkörpert Leben, Emotion, Kraft, Leidenschaft und Freude. Dies erleben 120 bis 160 Sängerinnen und Sänger regelmässig in den Projekten von Gospel im Werdenberg. Allen voran ihr Chorleiter Simon Griesinger. Er formt von Projekt zu Projekt einen wilden Haufen Sängerinnen und Sänger zu einer harmonischen Einheit und treibt sie zu Höchstleistungen an. «Sobald ich singe, vergesse ich alles um mich herum», beschreibt es Aniela Brockmann. Sie und ihre Kollegin Ruth Eggenberger singen tagein, tagaus beim Haushalten, beim Fahrradfahren, auf dem Weg zur Arbeit, im Kirchenchor und bei Gospel im Werdenberg. Bis zu 15 englischsprachige Lieder sind es, die sie pro Projekt auswendig lernen. Eine Herausforderung, aber unabdingbar, um den Gospel-Groove zu leben.

Griesinger treibt an und motiviert

Gesungen wird frei, ohne Noten. Singen, sich wild bewegen und Freude haben. Dies lebt Chorleiter Simon Griesinger bei den Proben mit Frauen und Männern zwischen 15 und 75 Jahren vor. Das leichte, beschwingte Aus-sich-Herauskommen passt kulturell nur bedingt zu Schweizerinnen und Schweizern. «Doch es kommt immer besser», ist Griesinger überzeugt – die Jungen im Chor rissen die Älteren mit. «Hey, come on: lächeln, den Mund mehr bewegen, deutlich singen», der Chorleiter pusht ständig, treibt seine Sängerinnen und Sänger zu Höchstleistungen an.

«Dass Mama Gospel singt, finden sogar meine Kinder cool.»

Aniela Brockmann und Ruth Eggenberger nennen es «eine präzise, motivierende und lockere Art zu dirigieren». Die Chormitglieder gehen auf Simon Griesinger ein, machen zu 100 Prozent das, was er vorzeigt und fordert. «Wenn er einen Einsatz verpasst, dann sind wir alle still», lachen sie. Dies sei passiert, als sich Simon Griesinger einmal auf die Band und zu spät auf den Chor fokussiert habe.

Der besondere Spirit, der trägt

«Das Singen von Gott und Jesus erzeugt einen besonderen Spirit, der mich trägt und stärkt», erzählt Ruth Eggenberger, und Aniela Brockmann ergänzt: «Die Musik geht mitten ins Herz.» Gospelsongs erzählen von Lebensfreude, Zuversicht und von der Liebe zu Menschen und Gott. So ist es der Klang, der fasziniert, besonders aber die Botschaft. Ruth Eggenberger erzählt, dass der Glaube für sie durch das Singen im Gospelchor verstärkt und greifbarer geworden sei. Auch für Simon Griesinger, der christlich aufgewachsen ist, ist der Glaube wichtig: «Hoffnung, Frieden und Freude ist das, was die Welt braucht. Es dreht sich nicht alles um die kleinen Menschen, sondern es gibt etwas Grösseres.»

Singend Freunde finden

Gestartet ist Gospel im Werdenberg im Jahr 2012 auf Initiative der Grabser Kirchenmusikerin Irene Stäheli. Zwei Jahre später engagierte sie Simon Griesinger als Chorleiter. Wichtig ist neben dem Singen die Gemeinschaft. So startet jedes Projekt mit einem Willkommensapéro. Der Probesamstag endet jeweils mit einem Mitbringbuffet mit über 100 Köstlichkeiten. So entstanden über die Jahre viele Freundschaften. Die Konzerte werden auch von den Familien besucht, was Aniela Brockmann jeweils besonders freut: «Dass Mama Gospel singt, finden sogar meine Kinder cool.»

Jedes Projekt von Simon Griesinger hat ein Schlusslied wie zum Beispiel «He Knows My Name», das nach jeder Probe ohne Dirigent gesungen wird. Danach richtet sich ein Chormitglied mit einem Gedanken zu einem Song, einem Gebet oder einer persönlichen Erfahrung an seine Kolleginnen und Kollegen. Griesinger, Brockmann und Eggenberger sind einer Meinung: «Nach einer Probe verlassen wir den Saal des Kirchgemeindehauses Grabs ab und an mit Hühnerhaut, aber immer glücklich und voller Energie.»

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