Die Zukunft spielend einüben
Wie ich Christof Leutenegger zum Gespräch treffe, ist er eben aus Frauenfeld heimgekommen. Er absolviert dort im Spital den ersten Teil seines Zivildienstes als «Lagerungspfleger» – mitverantwortlich für die Lage der Patienten bei der Operation.
«Man lässt sich durch die Ideen und Bilder der Autoren leiten, kann dabei aber aktiv eingreifen und mitgestalten.»
Christof Leutenegger bereut es nicht, sich für den Zivildienst entschieden zu haben, der eineinhalbmal so lange dauert wie die Rekrutenschule. Er bezweifelt, dass er sich im Militär wirklich hätte nützlich machen können. Zudem findet er die Strukturen der
Armee wenig ansprechend. Im Spital, so sagt er, habe er das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. «Ich lerne viel über die Gebrechen der Menschen und komme in Kontakt mit verschiedenen Ärzten.»
Christof Leutenegger schätzt diesen Einblick in die Arbeitswelt – ging er doch bis anhin vor allem in die Schule. Im Sommer 2016 machte er an der Kantonsschule Wil die Matura in mathematischer Richtung. Dann war für zwei Monate Pause angesagt: Ferien, Reisen, Loslassen. Und nun diese doch strenge und geregelte Arbeit, die ihn auch im Hinblick auf seine Berufspläne zu mehr Klarheit verholfen hat. Er will an der ETH Geomatik studieren, eine Kombination von Geografie und Informatik. Dabei lerne er, geografische Daten digital darzustellen und zugänglich zu machen. Damit ist er auch nahe an dem Thema, dem in den letzten Jahren seine grosse Leidenschaft galt: dem Computerspiel.
Der Spieler
Schon als Kind habe er mit seinen zwei ältern Brüdern viel gespielt, damals noch mit Brettern oder Karten, später mit der Spielkonsole. Und immer habe er auch gerne gelesen, vor allem Fantasy-Literatur, sagt Christof Leutenegger. Bei den Computerspielen kommen diese beiden Welten zusammen. «Beim Gamen lässt man sich wie beim Buch durch die Ideen und Bilder der Autoren leiten, kann aber aktiv eingreifen, Entscheidungen fällen und mitgestalten.»
So lässt sich Christof Leutenegger jetzt auch vom Computer in frühere Zeitalter oder in die Zukunft führen, um dort Proben zu bestehen, Strategien zu erproben oder heikle Missionen zu erfüllen. Die Spiele würden besser und besser, sagt er. Man könne immer mehr und präziser eingreifen. Für ihn steckt in diesem Medium ein grosses Potenzial für die Vermittlung von Wissen, aber auch für die Beschäftigung mit Grundfragen des Lebens, etwa dem Tod oder dem Sinn des Lebens. Weil die Produktion teuer ist, setzen Hersteller primär auf Spiele, die unterhalten, Spass machen und gut verkauft werden. Aber wie beim Buch werde es in Zukunft tiefsinnige und ernste Spiele geben, wenn auch für ein kleineres Publikum. Er kann sich vorstellen, dass auch die Religionen Videospiele für sich entdecken und nutzen werden.
Text und Foto: Andreas Schwendener – Kirchenbote SG, Mai 2017
Die Zukunft spielend einüben