News aus dem Kanton St. Gallen

St. Galler Kirche: neues Persönlichkeitsschutzkonzept gegen Missbrauch

von Stefan Degen
min
30.06.2025
Das Parlament der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen nimmt ein neues Persönlichkeitsschutzkonzept zur Kenntnis. Zudem lancierten die Synodalen eine Verfassungsrevision.

Die Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons St. Gallen erhält ein neues Persönlichkeitsschutzkonzept. Dies, nachdem Missbrauchsfälle in Kirchen in den vergangenen Jahren Schlagzeilen gemacht hatten: Studien hatten eine ungeheure Zahl von Vorfällen in den katholischen Kirchen in der Schweiz und in den evangelischen Kirche Deutschlands aufgedeckt. Darauf reagierten auch die Schweizer Reformierten. Auf nationaler Ebene hatte die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz zwei Wochen zuvor bereits Standards beschlossen (der «Kirchenbote» berichtete). An ihre Sitzung vom 30. Juni zog die St. Galler Synode nun nach. Das St. Galler Konzept beschränkt sich nicht auf das Thema des sexuellen Missbrauchs, sondern erfasst auch Verletzungen der persönlichen Integrität in weiterem Sinne, wie z.B. Ausgrenzung, Drohungen und Machtmissbrauch. Dabei orientiert es sich am Einstufungsraster des sogenannten «Bündner Standards». Geplant sind eine externe und interne Meldestelle sowie Schulungen der Mitarbeitenden, Behördenmitgliedern und Freiwilligen, die im Januar 2026 beginnen sollen.

Jeden Anschein von Klüngelei vermeiden

«Es geht in erster Linie darum Grenzverletzungen sichtbar und besprechbar zu machen», erläuterte die zuständige Kirchenrätin Antje Ziegler. Doch auch kritische Stimmen waren zu hören. Fabian Kuhn (Unteres Toggenburg) bedauerte, dass eine Vernehmlassung gefehlt habe und die Erarbeitung des Konzepts nicht breiter aufgestellt worden sei. Zudem pochte er darauf, bei der Bestellung der externen Meldestelle jeden Anschein von Klüngelei zu vermeiden: «Bei schwerem sexuellen Missbrauch braucht es eine komplett externe Betreuung, gerade in unserer Kirche, wo jeder jeden kennt.» Urs Schlegel (Sennwald) regte an, die Mitarbeitenden der Meldestelle nicht fest anzustellen sondern im Mandatsverhältnis, da der Aufwand unregelmässig und kaum planbar sei.

Die St. Galler Synode nahm das überarbeitete Persönlichkeitsschutzkonzept des Kirchenrats mit grosser Mehrheit zur Kenntnis und bewilligte die finanziellen Mittel zur Umsetzung.

In vier Jahren zur neuen Verfassung

Bereits am Vormittag hiessen die Synodalen den kirchenrätlichen Projektantrag zur Verfassungsrevision gut. Vorgesehen ist, dass die neu zu erarbeitende Kirchenverfassung im Jahr 2028 der Synode vorgelegt wird und danach zur Volksabstimmung kommt. Für die Verfassungsrevision veranschlagte der Kirchenrat Kosten von einer Million Franken, rund ein Drittel davon für die Volksabstimmung. Mögliche Änderungen der Verfassungsrevision betreffen die Leitung von Kirchgemeinden, eine Verkleinerung der Synode und die freie Wahl der Kirchenmitglieder, zu welcher Kirchgemeinde sie gehören möchten – unabhängig vom Wohnort. Samantha De Keijzer (Gossau) appellierte an den Kirchenrat, in den Revisionsprozess auch junge Menschen einzubeziehen, was bei Kirchenratspräsident Martin Schmidt auf offene Ohren stiess.

Weiter nahm die Synode die Rechnung des Jahre 2025 ab. Zudem behandelte sie die Revision des synodalen Geschäftsreglements der in erster Lesung.

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