News aus dem Kanton St. Gallen

Mit Ketten, Kerzen oder Riemen

von Stefan Degen
min
28.05.2025
Viele Menschen haben das Bedürfnis, ihr Gebet mit einer Handlung zu verbinden. So ist eine Vielfalt an Hilfsmitteln entstanden, vom Riemen bis zum Toaster. Der «Kirchenbote» hat fünf herausgepickt.

Eigentlich braucht man zum Beten ja nichts: Keine spezielle Ausrüstung, keine speziellen Kleider, keine Hilfsmittel. Man muss nicht einmal die Lippen bewegen, die Gedanken genügen. Doch der Mensch hält sich gerne an irgendwas fest. Verschiedene religiöse Traditionen haben deshalb verschiedene Gebetsutensilien hervorgebracht:

1. Ketten

Der Rosenkranz ist das wohl bekannteste christliche Hilfsmittel. Bei der Gebetskette steht jedes «Chrälleli» für ein Gebet, in der Regel folgen auf ein Vaterunser zehn Ave Maria. Da die Verehrung der Gottesmutter– wie sie im Ave Maria zum Ausdruck kommt – im evangelischen Christentum kaum eine Rolle spielt, ist der Rosenkranz vorwiegend im katholischen Kontext verbreitet. Im 20. Jahrhundert kamen auch protestantische Abwandlungen in Umlauf, etwa der «Christus-Rosenkranz» oder die «Perlen des Glaubens». Auch im Hinduismus, Buddhismus und Islam sind Gebetsketten verbreitet.

2. Jüdische Gebetsriemen: Tefillin

Noch viel älter als der Rosenkranz sind die Tefillin. Das sind zwei schwarze Lederriemen, die mit je einer Kapsel versehen sind. Die Kapsel enthält Texte aus der Thora, den fünf Büchern Mose. Ein Riemen wird um den linken Arm gewickelt, einer um den Kopf. Manche Juden – zum Teil auch Jüdinnen – benutzen die Tefillin für das Morgengebet. Ihr Ursprung liegt in einem Vers der Thora. Dort heisst es: «Du sollst sie [die Worte] auf deine Hand binden und sie als Merkzeichen auf deiner Stirn tragen.»

3. Kerzen

Früher vor allem in der orthodoxen und der katholischen Tradition gebräuchlich, sind Kerzen heute zunehmend auch in evangelischen Kirchen populär: Tauf- und Osterkerzen verbreiten Freude und Zuversicht, der brennende Docht bringt Licht und Sinnlichkeit in Gebete, mit Kerzen gedenkt man Verstorbener.

4. Würfel

Wer Gebete nicht selber formulieren möchte und wem Gebetsbücher zu bieder sind, wird bei Gebetswürfeln fündig. So gibt es beispielsweise spezielle Würfel mit Abendgebeten. Das verleiht der Angelegenheit einen spielerischen Anstrich.

5. Toaster

Der Gebetstoaster ist eine moderne Erfindung mit dem Ziel, das Tischgebet (wieder) populärer zu machen. Man bedient den Hebel und – zack! – spickt ein Pappzettel in Toastform mit einem Tischgebet aus dem Gerät. Ob der Toaster mehr ist als nur ein Gag? Ist er tatsächlich in Betrieb, so dauert es auf jeden Fall nicht lange, bis die Toast-Gebete erste Spuren von Spaghettisauce aufweisen.

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